Mein Herz, erfüllt von glühendem Verlangen,
will sich nähern Deiner Seele nur.
Doch die weltlich‘ Falschheit füllt’s mit Bangen,
läßt es sich führen auf die tückisch‘ Nebelflur.
Oh, mein Liebster, Dein seelisch‘ Reichtum,
tief in meinem Inneren offenbar,
straft mein ew’ges Zweifeln bittren Irrtum,
Kränkung Deines Sinnens gar!
Kann die Liebe dies verzeihen?
Darf ich Sünderin denn von ihr sprechen?
Bin ich nicht auf dem Weg, mich einzureihen
in die mir verhaßte Welt mit ihren Gebrechen?
Statt in jubelnder Freude zu vergehen,
mich am Liebreiz Deines Wesens zu ergötzen,
will das Gift in meinem Herzen falsche Bilder säen
und mein Aug‘ mir trüben mit blendenden Blitzen.
Egoismus ist es, der mich zersetzt.
Dein zartes Herz, mein stetes Fordern unterdrückt’s.
Ist das meine schon so von Unzufriedenheit durchsetzt,
wie soll es sich hinheben zur Empfindung puren Glücks?
Ich will von wahrer Liebe sprechen,
und säe dunkle Schatten in Dein Leben –
will die Dunkelheit in Dir doch brechen!
Und zerbreche doch nur mein Bestreben.
Lieben will ich, nicht besitzen –
meine Erfüllung ist Dein Glück!
Lernen will ich, Dich zu schätzen
wie Du bist – ein jedes Stück!
Möge mir die gewaltige Kraft gegeben sein,
das Gesagte mit Inbrunst umzusetzen.
Wäre alles nur Lug, Trug und Schein,
müßt‘ ich mich aus tiefster Seel‘ geringe schätzen.
Komm, oh komm, denn die Gefühle toben,
meine Seele singt leise Liebessänge –
unsre Herzen, von der Sonne Schein umwoben,
umarmen sich im Weltgedränge.
Laß mich nun pressen die Lippen mein
auf Deinen vollendeten Mund so zart …
Heloise kann ich Dir noch nicht sein –
doch Du, Du bist mein Abälard …

2000-05-16